Mittwoch, 17. September 2025

Die Spiegelung

Im Dunst erhebt sich ein Doppelbild,
halb golden lebendig, halb Asche und wild,
sie sieht den Engel, gespalten, klar,
und weiß: Auch Wunden sind offenbar.

Sie streckt die Hände, doch greift nur Rauch,
ihr Fingerkreis wird zitternd auch,
im Schattenflimmern sieht sie Licht,
das durch den Riss wie Wasser bricht.

Ihr Blick wird ruhig, ihr Atem sacht,
sie hält dem dunklen Spiegel Wacht,
sie lernt im Bild von seines Leids,
die Hoffnung sei Salz und Honig zugleich.

Sie malt im Innern ein schlichtes Tor,
dort tritt sein halbes Lächeln vor,
sie flüstert: „Bleib, wie du bist und warst,“
und bindet den Riss mit unsichtbarem Faden.

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