Mittwoch, 17. September 2025

Die Spiegelung

Im Dunst erhebt sich ein Doppelbild,
halb golden lebendig, halb Asche und wild,
sie sieht den Engel, gespalten, klar,
und weiß: Auch Wunden sind offenbar.

Sie streckt die Hände, doch greift nur Rauch,
ihr Fingerkreis wird zitternd auch,
im Schattenflimmern sieht sie Licht,
das durch den Riss wie Wasser bricht.

Ihr Blick wird ruhig, ihr Atem sacht,
sie hält dem dunklen Spiegel Wacht,
sie lernt im Bild von seines Leids,
die Hoffnung sei Salz und Honig zugleich.

Sie malt im Innern ein schlichtes Tor,
dort tritt sein halbes Lächeln vor,
sie flüstert: „Bleib, wie du bist und warst,“
und bindet den Riss mit unsichtbarem Faden.

Montag, 15. September 2025

Der Stein

Die Augen verhärten, der Blick wird grau,
im Herzen wächst eine schwere Aue,
sein Lied wird dumpf, der Takt zu Blei,
kein Wasser der Zeit wäscht ihn mehr frei.

Er schreitet durch Räume von Staub und Rest,
der Himmel ist fern wie vergessener West,
Verrat setzt Kronen aus kalter Glut,
und schließt ihm die Lippen mit schwarzem Blut.

Die Städte der Hoffnung sind Schutt im Wind,
aus Türmen weht Asche wie von Kind,
er tastet nach Trost, er findet Stein,
der Stein ist Antwort: „So wird es sein.“

Er lernt zu tragen den leeren Thron,
der schweigt wie ein eisiger Monochrom,
sein Name vergeht im schwarzen Gestein,
doch trägt er noch Funken, verborgen, klein.