Gedicht

Die Deutschen sind ein gemeingefährliches Volk: Sie ziehen unerwartet ein Gedicht aus der Tasche und beginnen ein Gespräch über Philosophie.

Heinrich Heine, 13.12.1797 - 17.02.1856

Donnerstag, 17. Oktober 2013

100 Strophen über Ro - Teil 9

Was kannst du nicht verstehen? 
Dass wir nicht in deinen Fußstapfen gehen? 
Dass wir helfen, wo es nötig ist? 
Selbst dem größten Egoist? 
 
Die Welt, sie ist so sonderbar. 
Ich mache alles falsch, ihr bleibt. 
Ich gehe weit weg, ihr bleibt. 
Ich denke nur an mich, ihr bleibt. 
 
Du bist ein Buch mit 7 Siegeln. 
Wie nur kann man dich entriegeln? 
Keiner versteht dich, klagst du herum. 
Wie sollen wir verstehen? Du bleibst immer stumm... 
 
Ich rede nur ungern über mich. 
Das Schloss am Mund, es ist starr. 
Den Schlüssel hab ich längst verloren. 
Keiner kann mich verstehen, nicht einmal ich. 
 
Ach Ro... Du und dein Selbstmitleid. 
Trägst es, wie ein altes Kleid. 
Was hat dich dazu getrieben? 
Wo ist dein wahres Ich geblieben? 
 
Das alte Kleid, es gefällt mir, 
passt es doch wie angegossen. 
Mein altes Ich, es ist darunter. 
Komm nicht ran, das Kleid bleibt dran. 

Doch du willst ein Mann sein 
und steckst dich in ein Kleid rein? 
Oder sollten wir was wissen?^^ 
Ich will den alten Ro nicht vermissen... 
 
Ich bin kein Mann, schon lange mehr. 
Der Eimer sollte es mir geben, 
doch wurde das Kleid nur enger, 
bekomme kaum noch Luft. 
 
Wir schneiden es auf, 
befreien dich daraus. 
Du kannst atmen und leben, 
siehst Wein auf jungen Reben. 
 
Wie könnt ihr es wagen? 
Mein schönes Kleid zerstören! 
Ich bin doch das Kleid! 
Und das Kleid ist ich! 

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