Gedicht

Die Deutschen sind ein gemeingefährliches Volk: Sie ziehen unerwartet ein Gedicht aus der Tasche und beginnen ein Gespräch über Philosophie.

Heinrich Heine, 13.12.1797 - 17.02.1856

Sonntag, 16. August 2009

Der einsame Held (5)

Er war auf diesen Platz alleine,
umgeben von tausenden Anderen.
Sie haben ihm alles genommen,
woran er einst geglaubt hatte.

Zorn stieg in ihm langsam auf.
Wut breitete sich langsam aus.
Hass keimte in ihm langsam.
Schatten übernahmen den Verstand.

Man hatte ihn verraten!
Man hatte ihn belogen!
Man hatte ihn getäuscht!
Und nun steht er hier.

Er hat sich aufgegeben,
alles erscheint nichtig.
Nichts hat mehr einen Sinn,
der Funke im Herzen erlischt.

Er geht langsam zu Boden,
um ihn herum wird nur gelacht.
Er beachtet sie nicht mehr
und schaut zum bewölkten Himmel.

Eine Träne fällt zur Erde,
zerplatzt auf dem Stein.
Die Wolkendecke bricht auf.
Sie schimmert in allen Farben.

Der Funke keimt wieder auf,
entfacht ein neues Feuer.
Seine Gedanken werden klar,
die Schatten verschwinden.

Das Lachen ist verstummt.
Sie blickten verwundert.
Konnten es nicht verstehen,
warum er nun weiter macht.

Was hatte er nur gesehen?
Was war es das ihm berührte?
Sie schauten hoch zum Himmel,
doch sahen sie dort da nichts.

Er stand langsam wieder auf,
in den Augen brodelte ein Feuer.
Seine Blicke waren eisig.
Er lächelte sanft in die Menge,

Eisiger Nordwind umwehte ihre Füße.
Heißer Südwind umwehte ihre Köpfe.
Sie fühlten sich wie in der Hölle
und doch sogleich im schönsten Himmel.

Das Feld war erfüllt von Qualen,
von schreien sterbenden Menschen.
Nach einer Weile verstummten sie
und es wurde ganz still um ihn.

Er stand wieder mal alleine da.
Die erde war mit Blut durchzogen.
Die stille Luft roch süßlich.
Er schloss die Augen und ging.

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