Gedicht

Die Deutschen sind ein gemeingefährliches Volk: Sie ziehen unerwartet ein Gedicht aus der Tasche und beginnen ein Gespräch über Philosophie.

Heinrich Heine, 13.12.1797 - 17.02.1856

Freitag, 3. Januar 2014

Schweigen

Ihr sitzt wie so oft mit Freunden zusammen,
Geschichten erzählend, mit fröhlichem Lachen,
und wie immer hörst du, wie gut du es hast.
Selbstverständlich lächelst du höflich -
oh welche Last.

Du bist zu zweit und doch allein,
das Glück, das aus den Augen strahlt -
nur Schein.
Denn Schweigen ist in euren Herzen,
dringt immer tiefer in euch ein.

Du träumst von einer andren Welt,
wo nur dein eigener Wille zählt.
Was einmal war, ist bald vorbei,
dann bist du frei.

Soll denn eure große Liebe
wirklich ganz gestorben sein?
Gehst du jetzt nicht auf ihn zu,
bist du am Ende ganz allein.

Versuch doch einfach mal stattdessen
zu sagen, was zu sagen ist,
du musst das Schweigen überwinden,
weil Schweigen tödlich ist.

Sie doch den Glanz in seinen Augen,
und dieser Glanz ist nicht nur Schein.
Er liebt dich noch,
er kann's nur nicht so zeigen,
so sag ihm doch, du liebst nur ihn allein.

Dann hat auch er den Mut, das, was er fühlt,
zu zeigen.
Und was dann folgt -
darüber könnt ihr schweigen.